Geduld - Ist das eine Tugend oder eine Strafe?

Die letzten Wochen sind eine wahre Geduldsprobe. Der Wetterbericht schürt immer wieder Hoffnung und die Realität trampelt hindurch. Aber warum starten wir nicht einfach beim nächsten schönen Wetter? Es waren genügend Sonnentage dabei. Nun dieser Frage gehen wir heute auf den Grund. Warum? Weil es heute wieder regnet :-)

Um das Zusammenspiel von Wetter, Schnee und unserer Tour besser zu verstehen, müssen ein paar Bereiche beachtet werden und selbst für uns Beteiligten ist es manches Mal eine Herausforderung, dies nicht zu vergessen.

 

Fünf Berggebiete

Das klingt zu Beginn nicht viel, aber jedes hat für sich ganz eigene Regeln, was das Wetter und den Schnee angeht. Nehmen wir z.B. die Kalmbergregion und den Gosaukamm. Eigentlich nicht weit voneinandern entfernt und doch kann es am Kalmberg regnen und im Gosaukamm auf gleicher Höhe mit Wind schneien. Was das für den Schneedeckenaufbau bedeutet, dürfte jedem klar sein. Zwischen Schneebrettern im Gosaukamm, und Nassschneelawinen in steileren Hängen am Kalmberg, kann man sich entscheiden und das innerhalb von 6 Gehstunden.
Erreicht man dann das Dachsteingebiet, ist die Situation vielleicht wieder eine ganz Andere. Dort kann zwar die Schneelage passen, weil der Sturm den Schnee einfach über die Südwand gefegt hat, aber der zurückbleibende Hartschneedeckel kann ein Weitergehen auf Skiern ebenfalls erschweren und die Steigeisen notwendig machen.

Die Lawinenlage

Im Normalfall schaut man sich vor eine Skitour den Lawinenlagebericht an, checkt welche Expositionen zu meiden sind oder wo noch Pulverschnee zu finden ist. Nun bei der Gosauumrundung stellt sich die Frage der gefährlichen Expositionen nicht. Weiteres braucht man nicht nachdenken, ob man über der Waldgrenze ist, oder nicht. Wir befinden uns in allen Hangneigungen, allen Himmelsrichtungen und sind im Wald sowie am Gletscher. Das Einzige was wir grob beeinflussen können, ist die Zeit, wann wir wo sind und zum Beispiel sonnenbestrahlte Hänge zur frühen Morgenzeit befahren.

Das Wetter

Es braucht doch nur zwei schöne Tage! Möchte man meinen. In Wirklichkeit ist die Tourzeit nicht so wichtig. Viel interessanter sind die vorherigen Stunden und Tage. Weil es in den letzten Wochen massive Störungen gab in Form von Sturm, Schnee sowie Regen, braucht es ein paar Tage, damit sich die Wettersituation wieder stabilisiert und in weiterer Folge auch die Schneedecke. So wie es im Moment ausschaut, braucht es mindestens 2-3 Tage, damit wir starten können.

Die Strecke selbst

Die externen Faktoren sind klar, aber wie geht es uns selber? Spielen wir ein Szenario durch.
Als Startdatum hatten wir den 13. - 17. März ins Auge gefasst. Das heißt, dass Training reduzieren, Reserven aufbauen, viel Rasten, die vielen Helfer zu informieren, Equipment packen, immer wieder die Route durchgehen, damit man nichts vergisst, Akkus laden usw. Zu guter letzt checkt man das Wetter und die Lawinenlage und irgendwann wird klar, dass wird nichts.
Nicht so schlimm, könnte man meinen, aber es ist wertvolle Trainingszeit und auch Erkundungszeit verloren gegangen. Klar ist die Strecke in unserem Kopf fertig, dennoch verändert sie sich fast täglich und um Gewissheit zu haben, muss man immer wieder kleinere Besichtigungen starten.
Eventuell haben sich neue Möglichkeiten aufgetan, die vorher unmöglich erschienen. Das hilft unheimlich und nimmt etwas Druck heraus. Es kann aber auch anders herum sein.

In Summe kann man sagen, dass es schwierig ist, das Projekt und die Komplexität zu begreifen. Mit Sicherheit wird es uns leichter fallen, wenn wir gegangen sind, denn eines ist sonnenklar: Keiner von uns beiden, hat jemals ein solches Projekt gewagt und da wird jeder Schritt und jedes Rauf und Runter eine Erfahrung mehr sein.